Manchmal sitzt der Schmerz tiefer...

 

Das Arbeitsleben hat mich zurück. Ich gehe regelmäßig zur Ergotherapie-anfangs ein wenig ängstlich,doch nach den ersten Behandlungen sehr erleichtert.Mein Finger macht langsame Fortschritte und ich bewundere immer wieder das Wissen und die Umsetzung der Therapeuten …Nachdem ich gestern endlich eine Spritze in meine schmerzende Schulter bekam,war ich für ein paar Stunden schmerzfrei-ein tolles Gefühl.Irgendwie musste ich innerlich schmunzeln.Es gibt Leute,die tatsächlich behaupten,diejenigen,die sich nicht impfen lassen wollen,hätten oft Angst vor Spritzen.Dazu kann ich nur sagen,wer sich ohne zu zucken in ein seit Wochen schmerzendes Gelenk spritzen lässt,hat wohl kaum Angst vor der Injektion.Wenn etwas wirklich wirksam ist,bin ich der letzte Mensch,der es ablehnt…Da mich das Fernsehprogramm nur noch nervt,flüchte ich mich abends auch weiterhin in meine Bücherwelt,obwohl mich die Berichte der Hochwasserkatastrophe sehr berührten.Da gab es doch ein wenig Hoffnung-Menschen halfen sich gegenseitig,das hatte ich irgendwie aus den Augen verloren,und ich war dankbar für diese Bilder…Natürlich sind wir alle mit Schuld am Klimawandel,aber warum werden Flüsse begradigt? Das habe ich noch nie verstanden-warum muß der Mensch die Natur nach seinem Willen formen und wundert sich dann,wenn sie quasi „zurückschlägt“?Aber zurück zu Meinem Buch:“Kompass ohne Norden“.Meine Nichte hatte es mir empfohlen.Anfangs war es doch schwere Kost,denn man musste sich in die Gedankenwelt des psychisch kranken Jungen hineinversetzen.Ich liebe das Meer und Schiffe,mag aber keine Piratenfilme und ähnliches-wahrscheinlich war es für mich deshalb anfangs schwer,der Geschichte zu folgen,aber es gab zu viele Parallelen zu unserer Geschichte:Er duscht ständig,ihm ist immer zu warm,er läuft immerzu,leidet an Schlaflosigkeit,wünscht sich ans Meer,will keinen Psychiater,und landet dann trotzdem in der Psychiatrie.Seine Erlebnisse dort vermischen sich mit seinen wirren Phantasien-verschmelzen miteinander.Er beschreibt die Hilflosigkeit seiner Eltern-alles so vertraut,und oft erklären sich mir beim lesen bestimmte Verhaltensmuster unseres Sohnes…Dieser Traum,den er jede Nacht hatte-vom Fallen und der Angst vor dem Aufschlag…Und da sind sie wieder-all meine Fragen-der Junge im Buch bekommt die Störung mit Hilfe von Medikamenten in den Griff,und was ist mit Max?Er wollte das nicht…An diesem Punkt denke ich dann immer an unsere Tochter,so wie mein Mann es mir damals geraten hat.Wir sind so stolz auf sie! In letzter Zeit erinnert sie mich oft an mich-vor 20 Jahren.Sie sprüht vor Ideen und Energie,und ich bin oft traurig,daß das Ganze bei mir irgendwie nachläßt.Als ich jung war,wollte ich nie so werden,aber das Leben raubt einem eben auch diese Kraft-egal,wie sehr man sich dagegen wehrt...Freunde von uns haben jedem ihrer Kinder einen Baum gepflanzt-wir haben auch jede Menge Bäume und Sträucher gepflanzt-aber eben nicht für die beiden persönlich,sondern damit sie einen Platz haben,den sie immer als Heimat betrachten können…Ich bedauere es im Nachhinein,daß ich nicht auch so eine wundervolle Idee hatte…Gestern Abend machten wir einen tollen Spaziergang-die kleinen Ausbrüche aus der Routine,die ich an meinem Mann so liebe: Wir schnappten uns Edda und Eddie und liefen zur Talsperre.Sie folgte ihm,so wie sie sonst unserer alten Bonnie folgt-das sind wahre Glücksmomente.Ein kleines Wesen,das bedingungsloses Vertrauen hat. Sie wird immer selbstbewusster,und das erfüllt mich mit großer Freude.Anfangs folgte sie mir auf Schritt und Tritt und ich fühlte mich,wie ihre Leitkuh…

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