Tag 5

Wenn zu mir jemand "Grüß Gott"sagt, antworte ich mit "Hallo", aber wenn hier jemand mit "Moin"grüßt, antworte ich automatisch genau so. Während Thorsten Mittagsschlaf machte, trieb es mich wieder ans Meer. Ich war zwar kaputt vom laufen, aber schlafen kann ich auch zu Hause. Hier ging es mir gut: Mein Herz schlug im Takt und meine Beine schwollen nicht mehr so stark an. Die Leere war einer vollkommenen Zufriedenheit gewichen. Ich war einfach nur dankbar. Ich beobachtete, wie sich das Meer langsam wieder zurück zog. Dunkle Wolken, die sich hier schnell wieder verziehen, tauchten es in ein wunderschönes smaragdgrün. An einer Stelle fand ich ganz viele kleine geschlossene Muscheln, so als hätte sie mir jemand hingelegt. Ich bedankte mich und packte sie ein. Als ich zurück kam, saß Thorsten mit seinem neuen Kumpel vom Vortag auf der Terrasse und erzählte. Ich setzte mich dazu, und wurde wieder einige Fragen los. Meine schönen Muscheln waren Austern,  die von Schiffen aus Übersee eingeschleppt worden waren und die heimischen Miesmuscheln verdrängt haben. Der Hausarzt kommt aller 2 Wochen für 3 Stunden auf die Hallig. Kraftstoff wird in Tanks gelagert, die Autos müssen zur Reparatur aufs Festland. Eine Polizeistation gibt es nicht. In den Wassergräben gibt es Aale, und während wir so dasaßen, kam das Postauto. Wir genossen einfach diese Ruhe hier, bis wir uns fertig machten für den "Halunkenabend"-der findet 1x pro Woche auf der Ketelswarf in der "Kookenstuv" statt. Es gibt was zu Essen und Seemannslieder. Nachdem wir uns ja nun schon österreichische Rockmusik gegeben hatten, musste das natürlich auch sein.
Und es wurde richtig lustig. Nach dem leckeren Essen wurden die Liedtexte und Instrumente verteilt. In der kleinen Kneipe waren nur 17 Gäste, aber wir gaben alles. Thorsten hatte eine Eierrassel und ich eine kleine Trommel. Die Stimmen wurden mit Lakritzschnaps geölt, und zwischendurch gab es immer wieder nette Anekdoten vom Halligleben. Die Betreiberin des Cafés war nicht nur Bäckerin und Mama, sondern spielte auch hervorragend Schifferklavier. Ein 81jähriger Halligbewohner bediente die Teufelsgeige, und ihr Mann musizierte ebenfalls fleißig mit. Ansonsten schmiedet er auf künstlerischer Ebene, hatte heute einen riesigen Bernstein gefunden und betreibt in seiner Freizeit Armwrestling.
Mit uns am Tisch saß ein nettes Pärchen, bei dem die Frau geführte Wattwanderungen anbietet. Sie gab uns den Tipp, bei Ebbe zum Fähranleger zu gehen. Da sieht man eine riesige Seehundkolonie.
Auch sonst erfuhren wir wieder ein bisschen mehr über das Leben hier draußen. Gespräche kommen hier sehr schnell zustande. Im Winter sind 50cm Schnee keine Seltenheit, die Traktoren räumen die Straße.
Unter den Halligleuten ist leider nicht mehr alles Friede, Freude,Eierkuchen. Das hat mich überrascht, denn ich dachte, hier hält man noch zusammen, aber der Fortschritt hat immer auch Schattenseiten...
Nachts hatte es geregnet, doch morgens schien die Sonne wieder.
Wir wanderten zur Rixwarf und nach Hilligenley.Die 2 Kinder aus dem hiesigen Kindergarten spielten auf dem Spielplatz. Das Meer war inzwischen wieder da, sodass wir die Seehunde nicht sehen konnten. Wieder zurück, ging ich mit Eddie baden-angebliche Wassertemperatur: 20Grad...