Mal Kurz An Die Ostsee

Das würde ich zu gerne viel öfter machen, aber dazwischen liegen halt immer auch ca.600 Kilometer. Wir waren zum Geburtstag eines Kumpels eingeladen, und mein Mann schlug vor, 2 Tage frei zu machen und an die Ostsee zu fahren. Damit hatte er mich sofort. Mich könnte man mitten in der Nacht fragen, ob ich Lust aufs Meer habe-Zack,säße ich mit im Auto...
Voriges Jahr schien mein Männlein etwas eifersüchtig. Nach so vielen gemeinsamen Jahren war das irgendwie auch süß, also tröstete ich ihn:"Schau mal, ich würde mir doch niemanden suchen, der in noch höheren Bergen wohnt, als wir. Wenn er allerdings an der Ostsee wohnen würde, müsstest Du dann doch aufpassen..."
Gleich nach der Arbeit ging es los, ausreichend Decken hatten wir eingepackt, denn nachts sollte es nur 1Grad "warm" werden. Eine Standheizung hat unser Auto auch nicht, aber wir sind ja gut gepolstert. Wir blödelten herum, weil wir uns vermutlich in den vielen Schichten nicht mehr wiederfinden würden,da fiel mir wieder unser Spontanausflug nach Salzburg mitten im Winter ein. Mäxchen schlief tapfer zwischen uns, aber ich machte bei der klirrenden Kälte kein Auge zu. Am nächsten Morgen waren sogar unsere Brote gefroren...
Aber nun freute ich mich erstmal auf die freien Tage. Am Tag zuvor hatte ich mein Enkelchen besucht. Wenn ich ihn sehe, vergesse ich die Zeit. Die Nummer mit diesen neumodischen Windeln hatten wir 2 noch nicht so drauf, denn angeblich sind sie mit vorn und hinten gekennzeichnet, aber er war sichtlich zufrieden, als er sauber war, und schenkte mir sein bezauberndes Lächeln. Als er begann zu weinen, erzählte ich ihm wieder pausenlos alles mögliche. Er denkt dann sicher:" Boah, das ist wieder die verrückte alte Frau, die nicht aufhört zu labern...", aber es scheint zu helfen, denn er schlief auf meinem Arm, während ich ihm erklärte, daß ich ja zum 1.Mal so ein Enkelchen habe, und mich da auch erst dran gewöhnen muß...Ich habe das kleine Wesen so lieb...
Zum Abendessen gab's ne Bockwurst von der Tanke. Die geht immer, und gehört auch irgendwie dazu. Das ist für Leute unserer Generation wahrscheinlich so, wie für unsere Kinder der Burger bei Mac Donalds. Einen Stellplatz fanden wir mit der Park4night-App sehr schnell. Es war mittlerweile um 10, und somit wirklich Zeit für einen Schlafplatz. An der Peene war es allerdings sehr kalt, also fuhren wir doch wir weiter. Auf einem einsamen Parkplatz blieben wir dann. Die Klamotten für den nächsten Tag kamen unter die Decken-die sind sonst ekelhaft klamm-Erfahrungswerte...Ansonsten war es mit den vielen Decken ganz kuschelig. Ein Dachs lief über die Straße, aber die Wildschweinspuren am Rand bereiteten mir mehr Kopfweh. Irgendwann siegte die Müdigkeit. Die Nacht war okay, wenn man nicht an die Seitenwände kam, denn die waren naß. Wir fuhren Richtung Campingplatz, aber der war noch geschlossen, also liefen wir zum Strand-dieser 1.Blick aufs Meer-das ist das Schönste. Edda rannte sofort in das 3 Grad kalte Wasser...Den "Rollmops"-unseren Lieblingsimbiss gab es nicht mehr. Er hatte wohl noch Bestandsschutz aus DDR-Zeiten, und nun hatte er aufgehört. Wir fuhren in die Stadt und besorgten uns erstmal Kaffee und Brötchen. Jetzt ist es hier noch überall herrlich leer, dafür ist das Meiste aber auch noch geschlossen-das Wisentgehege zum Beispiel, aber die Fahrt durch den Wald war ein Erlebnis...Wir sahen Kraniche und einen Adler. Weiter ging es zum Haff. Wieder herrliche Ruhe, nur die Spuren der Wildschweine und eines Biebers ließen auf weitere Anwesende schließen. Nach dem Mittag ging es wieder zum Strand und durch den Wald zurück zum Platz. Da machte ich uns erstmal Glühwein...Eine Amsel kam zum Abendessen vorbei und bekam natürlich was...Anschließend spazierten wir die Steilküste entlang-überall Moore...Nach Sonnenuntergang verschwanden wir mit unserer Glühweinkanne ins Auto. Mein Mann mutmaßte, daß die anderen wohl denken, wir wären arm und könnten uns keinen Camper leisten, da mußten wir lachen, denn das ist das schöne am Alter-es ist egal, was andere denken. Außerdem kann man sich über die Gebrechen des anderen lustig machen, ohne daß er sauer ist...
Morgens wartete die Amsel schon auf ihre Ration. Die Sonne schien ins Auto und mein Männlein machte die erste Morgenrunde mit Edda. Frühstück war angesagt. Ein paar Schwäne flogen vorbei-eigentlich Idylle pur, aber irgendwo in der Ferne knatterten Maschinengewehre. In der momentanen Situation denkt man da nicht zuerst an eine Übung, aber wenigstens würden wir dann an unserem Lieblingsort sterben...Den Kaffee musste man immer schnell trinken, sonst war er wieder kalt, aber die Sonne hatte schon ordentlich Kraft. Ich dachte an meinen Opi-der sagte immer:" Die Märzsonne hat die meiste Kraft!",und damit hatte er Recht.Eigentlich nicht nur damit, sondern auch mit vielen anderen Dingen. Die Weisheit des Alters...Wir saßen einfach nur so da und tankten Energie. Die Vögel zwitscherten und der Specht ging unbeirrt seiner Arbeit nach. Keine einzige Wolke am Himmel, aber so war es immer, wenn wir ihn besuchten...Ich machte mir vorher auch nie Gedanken über das Wetter, denn irgendwie hatte ich da so ein Urvertrauen.Die Orbs, die Amsel...Da war ich einfach nur sicher,daß er sich über unseren Besuch freut.
Wir schnappten uns den Rucksack und liefen los. Erster Halt war der Mümmelkensee, weiter ging es zum Schmöllnsee, und als wir zurück waren, hatten wir 2 neue Nachbarn. Das ist mir immer ein Rätsel-der ganze Platz ist leer,und die Leute stellen sich immer genau neben die anderen...Das veranlasste mich dazu,gleich mal zu schauen, was wir im Juni machen können. In Rerik fand sich ein Platz in der 1.Reihe,also reservierte ich den schnell-Sonnenuntergang und ausreichend Steine zum sammeln sind da inklusive.
Wir gingen wieder ans Meer und Edda tapfer ins Wasser. Ich glaube ja,sie ist ein Seehund,obwohl ihr Schatten eher Rückschlüsse auf eine Bulldogge vermuten ließ. Abends wurde gegrillt, dann liefen wir wieder. Die heiße Dusche nahmen wir dieses Mal kurz vorm Umzug ins Auto. So war ich nicht ganz so eisig...
Morgens gingen wir ans Meer,um tschüss zu sagen. Dieses Mal war es nicht ganz so schwer, weil wir in 3 Monaten wieder kommen...Nach dem Frühstück wollten wir nochmal kurz nach Polen, dann ging es weiter zum Geburtstag...