Ich legte mich mit meinem Buch in die Sonne, während Thorsten Wasser holte.
Er meinte, es hätte ja nicht jeder Urlaub, dabei wollte er sich nur einen Überblick verschaffen...Er reichte mir die Wasserflasche, und sagte, ich solle noch einen
Schluck trinken. Ich vergaß das ganz gerne, und so fühlte er sich wie auf Arbeit. Die Omis dort sind ja ähnlich. Ich musste so lachen, daß das Wasser meine Nase erreichte...
Lange hielt ich die Rumsitzerei nicht aus-der Strand rief mich zu sich...
Da das Meer heute ruhig war, konnte ich nach links abbiegen. Hier findet man allerdings fast nur kleine Steine. Eine dunkle Wand zog über das Wasser, und ich
beobachtete das Schauspiel interessiert. Es begann zu regnen, aber das war für mich kein Grund zu rennen-bei dem Wind trocknet man ja auch schnell wieder. Ich glaube, das einzige, was mich rennen
lassen könnte, wäre ein hungriger Löwe, und die gibt es ja, wenn ich mich recht erinnere, nur in Berlin...Ich fand ein paar Steinherzen, und dann eine Träne. Als ich sie so betrachtete, fiel mir
auf, daß so eine Träne quasi ein halbes Herz ist. Das habe ich noch nie so gesehen...Und irgendwie war es ja auch so, denn jede Träne tötet ein Stück Herz, bis man nichts mehr fühlen
kann.
Die Uferschwalben flogen geschäftig ihre Nester an der Steilküste an, und als die Sonne wieder herauskam, färbte sie das Wasser wieder in diesem unbeschreiblichen
Türkiston ein.
Wieder zurück gab es ein Käffchen, und ich sortierte meine Schätze akribisch nach: Hühnergöttern, Wunschsteinen, Trollsteinen, Herzsteinen, Seeglas, falschem
Bernstein, Flint und einfach nur hübsch. So kamen sie dann auch in die Tüten. Die Nachbarn von letzter Woche waren am Abreisetag kurz zum Strand gegangen und hatten irgendwas eingepackt. Das war
für mich äußerst frevelhaft. Ich freute mich über jeden Fund, und bedankte mich natürlich, wenn das auch für den ein oder anderen merkwürdig klingt...
Abends gab es Häppchen aus Restern: gebratene Peperoni mit Knoblauch, Tomaten, Gurken, Oliven, Käse, Zatzikibrot und gebratene Würstchen. Dann sah ich mir wieder
das Video von unserem Enkelchen an, auf dem er so herzhaft lachte. Meine kleine Rennschnecke und den süßen Hosenscheißer vermisse ich, ansonsten würde ich ganz gerne hier
bleiben.
Die Abendrunde führte wieder zu den Kornfeldern, die zum Glück noch standen und mit ihnen die gleichnamigen Blumen, von denen ich noch jede Menge für den Tee
brauchte...Ich versuchte mich zu beeilen, da fand ich sogar noch Rotklee. Nachdem ich Thorsten erzählt hatte, wie gesund der ist, hatte ich das Gefühl, er läuft etwas langsamer. Nebenbei sammelte
ich noch verschiedene Gräser, das heißt ich pflückte immer wieder im Vorbeimarsch, hatte aber am Ende dann doch einen hübschen Strauß. In der Ferne braute sich ein Gewitter zusammen. Die dunklen
Wolken über dem Meer waren traumhaft. Leider erwischte ich nur einen zarten Blitz, dann zog es weiter. Aber auf den Conny-Kormoran war verlaß, denn der kam wieder als Letzter vorbei, während eine
Hummel noch immer fleißig war. Thorsten sah gerade ein Video von einem Konzert: Rod Stewart hatte ein riesiges Foto von Selenski, und grüßte militärisch, während sein Publikum buhte. Eigentlich
hätten alle aufstehen müssen und gehen. Ich mochte Rod Stewart immer sehr, aber das gehört nicht auf die Bühne...Ich bin weder für den einen noch für den anderen-ich will einfach Frieden, und der
funktioniert nunmal nicht mit immer mehr Waffen. Leider ist das ein viel zu lukratives Geschäft, da würden Verhandlungen nur stören. Wie war das Motto der Grünen vor 20 Jahren? "Frieden
schaffen ohne Waffen!"...Vor 42 Jahren verfasst beim "Berliner Appell "ist diese Forderung leider aktueller, denn je.
Wie fast immer, schlief ich schnell ein, aber um 3 war die Nacht zu Ende. Ich war putzmunter, also beobachtete ich die Krähen, die über den Platz liefen. Irgendwie
ist es nachts nie richtig dunkel, was wohl an der Sommersonnenwende liegen wird. Ich sah die Morgenröte, und mein Mann wurde auch wach. Ich sagte ihm, er solle schlafen, aber das konnte er nicht,
wenn ich so dasaß...Meine Gedanken fuhren mal wieder Karussell, aber nach 3 Stunden war ich dann doch wieder eingeschlafen. Wechseljahre sind was tolles, und Nachbarn...Wir hatten jetzt gegenüber
so ein typisches Camperpaar. Tisch und Stühle synchron zum Weg und zum Ausgang des Platzes gerichtet, damit sie nichts und niemanden verpassen. Jeder wurde vollgelabert und alles ausgewertet. Da
freue ich mich wirklich auf Bosnien-Weite und keine Menschen...