Wunden Heilen, Um Wieder Aufzureißen

Mein Heinz wurde heute 6. Seit 5,5 Jahren ist er nun mein treuer Begleiter. Er hat damals im Autohaus auf mich gewartet. Zumindest empfinde ich es so, denn vor 6 Jahren sah ich auch mein Mäxchen zum letzten Mal. Ich denke, wir waren füreinander bestimmt, also putzte ich  ihn zur Feier des Tages...Dabei schweiften meine Gedanken ab. Ich nehme nicht oft meine Arbeit mit nach Hause, aber das Schicksal des jungen Mannes gestern, beschäftigte mich einfach weiter. Er war nachts zusammengeschlagen worden. Als wir fragten, wie es passiert ist, erzählte er von seinem Leben. Er war gerade Anfang 20. Sein Vater hatte ihn regelmäßig geschlagen. Er fand endlich eine Frau, der er sich öffnete, aber diese ließ ihn im Stich. Drogen halfen ihm vermeintlich all das zu verarbeiten. Er sagte, wir können uns das Gefühl nicht vorstellen. Diese wohlige Wärme...Das tat so weh, denn dieses Gefühl sollten wir unseren Mitmenschen vermitteln und nicht irgendwelche chemischen Substanzen, die alles zerstören...Ich erklärte ihm, daß das kein Grund sei, sein Leben wegzuwerfen, und dachte wieder an die Worte meines Chefs, als ich das vor ein paar Jahren einer jungen Frau sagte: " Sie können nicht jeden retten!"-Ich verstand es damals nicht, und auch heute kann ich nicht so kalt sein. Wenn jeder von uns zuhört, und vielleicht sogar Hilfe anbietet, dann ändert sich sehr wohl etwas...
Ich machte Fotos seiner Verletzungen, und erkärte ihm, daß er die für die Anzeige braucht. Er wollte keine erstatten:" Wenn da Typen aus ner schwarzen Limousine aussteigen, und zuschlagen, dann zeigt man die nicht an. Das überlebt man nicht!" Er fügte hinzu:"Es waren Tschetschenen... ". Das verstand ich, aber so konnte das doch nicht weiter gehen. Hier oben( bei den "Fachkräften") halten auch regelmäßig solche Autos mit auswärtigen Kennzeichen...Aber nix passiert. Hat der Staat schon aufgegeben? Oder ist es gewollt? Max hatte vor ein paar Jahren ähnlichen Ärger mit Albanern, und ich war damals schon stinksauer...Aber die Jungs regelten das dann...
Den Nachmittag verbrachte ich mit meinem Enkelchen. Er ist so ein Sonnenschein. Wenn er lacht und vor sich hin babelt, sind alle traurigen Gedanken verflogen. Auf dem Heimweg hielt ich bei Max. Durch die Baustelle lief ich zur Brücke, unterwegs pflückte ich ein paar  Wiesenblumen für ihn. Ich entfernte das Unkraut, dabei schnitt ich mich. Wieder waren neue Graffitis gesprüht, aber diesmal irgendwelche Comicfiguren. Ich schnüdelte eine mit ihm...Auf meiner Schachtel stand:" Hallo,na"-So hat er uns früherganz oft begrüßt. Auf dem Rückweg knipste ich die Sonne und bekam einen blauen Orb...
Ich ging in die Wanne, da brannte die Wunde wieder...