Wir Sind Dann Mal Offline...

Nach einem traumhaften Sonnenuntergang gings unter die kalte Dusche, anschließend ins Bett-also ins Auto, aber das war ja für die nächsten 2 Wochen unser zu Hause. Tee und Kaffeewasser waren fertig, und so konnten wir am Morgen gleich starten, natürlich erst nach dem Frühstück. Es ging weiter von einer Mautstation zur nächsten, und ich fragte mich wieder, warum wir in Deutschland keine Maut für den Transit verlangen können...
Beliebt schienen hier in den Bergen Trüffelshops und Schwein am Spieß. Immer wieder tauchten aber auch halbfertige Häuser und verlassene Dörfer auf. In der Region der Plitwitzer Seen boomte der Tourismus, und ich war froh, daß wir sie vor knapp 30 Jahren noch in unberührter Natur erleben konnten.
Wir kamen in eine Polizeikontrolle, schienen aber harmlos, und durften mit einem freundlichen "Have a nice day!" weiterfahren.
Ich befand mich bereits an Tag 2 im "Schlumpermodus"-trug die Badelatschen ganztags, und auch Auto und Anhänger waren schonmal durcheinander. Kurz vorm Ziel befanden wir uns wohl an einem Grenzübergang, der nur Menschen mit Passierschein vorbehalten war. Wir hatten uns schon über die Schotterpiste gewundert, aber mitten im nirgendwo versperrten uns 2 Polizisten die Straße und klärten uns sehr freundlich auf. Einer schrieb uns den Namen des richtigen Überganges auf, und zeigte, wo wir wenden können. Die 100 Kilometer, die wir gestern schonmal rausgefahren hatten, hatten wir nun wieder dazu...
Wenn wir so auf Tour sind, bin ich immer wieder froh,daß ich Englisch als Wahlfach hatte. Die kyrillische Schrift kannten wir noch durch den Russischunterricht...Die EU-Außengrenze passierten wir relativ fix, nur eine Möglichkeit zum Geldwechsel fanden wir nicht. Die Straße wechselte immer wieder zwischen Asphalt und Schotter-nach der 1.unsanften Landung fuhr Thorsten dann auch etwas langsamer...
Nun waren wir offline, und die Karte funktionierte-das war das Wichtigste...
Wir fanden einen herrlichen Stellplatz an der Una, hinter uns die Berge(Camping und Picknick Place Lucica). Es war alles sehr rustikal, aber es gab Toiletten, Wasser und Duschen. Irgendwie gab es keinen Platzwart, aber ein älterer Herr, den ich für sowas ähnliches hielt, erklärte mir, daß man hier überall stehen könnte-Gratis für Freunde...Das galt tagsüber, denn abends kamen Ranger-der Preis pro Nacht war mehr als fair:12,-€, und diesen konnten wir auch in Euro zahlen, also gab ich natürlich Trinkgeld. Nach der Abzocke vom Vorabend konnten wir das garnicht glauben. Wir hatten in einem kleinen Markt unterwegs eingekauft, und konnten hier nun gut die nächsten 3 Tage überleben. Wir freuten uns über die Miniwasserfälle,Stromschnellen und den wildwachsenden Oregano. Als Thorsten zum Fluß lief, hatte er gleich einen neuen Kumpel-einen streunenden Hund. Der lag dann auch hinter unserem Anhänger, und machte später die Abendrunde zusammen mit ihm und Edda.
Zum Abendessen warf ich Knackwurscht und Eier in die Pfanne.
Es wurde angenehm kühl, und wir tranken mitten in Bosnien in Kroatien abgefüllten Wein aus Mazedonien. Aus Plasteflaschen in Plastebecher umgefüllt. Wir beobachteten die spielenden Kinder, Thorsten spielte Karten und ich las. So ist das Camperleben schön.
Nebel stieg über dem Fluß auf, und wir trafen immer wieder auf Gleichgesinnte.
Der Sternenhimmel war unbeschreiblich, und als Krönung gab es noch eine Sternschnuppe obendrauf.
Am nächsten Morgen weckte uns die Sonne. Diesen Blick durchs "Schlafzimmerfenster" in die Berge, darüber die Sonne, das würde ich gegen kein 5 Sterne-Hotel tauschen. Ich setzte Kaffeewasser an, während Thorsten mit Edda die Morgenrunde drehte.
Nach und nach reisten ein paar Leute ab, und die Chance auf einen Stellplatz am Fluß stieg. 2 junge Leute machten Yoga, während die Alleinreisende immer noch an ihrem alten Bus schraubte.
Gegen Mittag hatten wir dann freie Platzwahl-Ratzfatz war alles umgeparkt. Wir wateten erstmal wieder zur Abkühlung durch den eiskalten Fluss. Außer mir waren dort etliche Forellen und Welse, aber auch eine Schlange. Das trieb mich erstmal wieder raus, aber die 33 Grad draußen waren dann doch ein stärkeres Argument für eine Abkühlung, als meine Angst vor Schlangen. Früher wäre ich einfach reingesprungen, jetzt habe ich immer ein bißchen Angst, daß mein Herzchen streikt. Man kann nur ganz kurz schwimmen, dann fangen die Gliedmaßen an zu erstarren, aber bei der Hitze tut es wirklich gut.
Ich konnte stundenlang am Fluß sitzen und beobachten, wie das Wasser vorbei fließt, ohne daß es langweilig wird. Thorsten nutzte ihn als Kühlschrank für unsere Getränke und auf der Liege trockneten die Samen aus Kroatien. Zum Mittag gab es eine 5-Minuten-Terrine. Die Spatzen nahmen immer wieder ein Bad, und ich genoss einfach die Ruhe.
Nachmittags machten wir einen Ausflug zu den Strbacki Buk Wasserfällen.
Ein Kirchenneubau war besonders schön, also kam er mit aufs Foto. An die pötzlich betenden vollvermummten Moslems gewöhnte ich mich nur schwer. Bei der Hitze diese schwarzen Teile, während die Männer nicht schwitzen mussten...Eine Familie rollte plötzlich mitten auf einem Picknickplatz eine weiße Decke aus, und sank auf die Knie-inklusive Baby. Wer in den Großstädten wohnt, ist das sicherlich gewöhnt, aber unsere Fachkräfte sind fast ausschließlich männlich, und betrachtet man den Alkoholkonsum, wohl eher nicht so gläubig. Versteht mich nicht falsch, jeder kann glauben, woran er mag, aber ich habe mit Religionen insgesamt so meine Bauchschmerzen-den Buddhismus mal ausgenommen.
Eine Schafherde auf der Straße ließ uns etwas langsamer vorankommen, die türkisblaue Una immer neben uns, bildete hier die Grenze zu Kroatien.
Holzstege führten zum Wasserfall, und der war einfach ein Traum. 24 Meter hoch und majestätisch.
Bei 38 Grad ist man eigentlich zu allem zu faul, aber dieser Ausflug hatte sich gelohnt.
Auf dem Rückweg gab es wieder jede Menge Lost Places, doch hier nahm ich dann doch Abstand von einem Besuch.
Wieder zurück wurde erst Edda runtergekühlt, dann setzte ich mich auf einen der Steine im Fluß. Zum Abendessen gab's Würstchen und Rester. Da wir noch immer kein Geld tauschen konnten, ging das auch...
Abends saßen wir am Fluß und beobachteten die Tiere...Kinder kamen vorbei, um die Enten zu füttern, nahmen aber nichts von Thorstens Brot...In diesen Situationen vermisse ich unser Enkelchen. Ich hoffte, die 3 hätten auch gerade einen so schönen 1.Urlaub zusammen. Sobald wir wieder Netz haben, werden wir es erfahren...Die Ranger machten ihren Kontrollgang, und die Toiletten wurden gereinigt. Der Himmel verfärbte sich rot, und ich war einfach nur glücklich.
Ein Eisvogel besuchte uns zum Frühstück, und auch die Ranger machten wieder ihren Kontrollgang. Die Enten ließen sich immer wieder die Stromschnellen hinunter treiben. Drei Spatzen kamen vorbei, um nachzuschauen, ob auch wirklich nichts runtergefallen war, und wir beschlossen nach Martin Brod zu fahren. Hier befindet sich der größte Wasserfallkomplex im Nationalpark "Una". 9.00 Uhr morgens ist eine gute Zeit, denn wir hatten den großen und den kleinen Wasserfall ganz für uns allein. In den Felsen waren Höhlen, wie in den alten Indianerfilmen...
Den Rest des Tages ruhten wir: Liege,Fluß, Liege,Fluß...Und auch das Eddatier wurde regelmäßig abgekühlt. Für unsere Wasserratte war es das Paradies. Ein kleiner Stein kam mit für meine Rauhnachtsschale.
Immer mehr Menschen machten hier Yoga. Ich glaubte, wir hätten einen neuen Trend verpasst, während Thorsten der Meinung war, wir wären in ein Sektentreffen geraten, und der Belgier wäre sowas, wie der Guru...
Zum Mittag gab es Linsensuppe, und da der Kocher schonmal an war, weichte ich die Chinanudeln für abends gleich mit ein. Da wir noch immer keine Einkaufsmöglichkeit gefunden hatten, war eben Kreativität gefragt...
Da sich mal wieder über meine Frisur lustig gemacht wurde, setzte ich einen Hut auf, was wiederum für Spott sorgte...
Ich fand im Fluß einen Stein mit einem C, knipste die wunderschönen blauen Schmetterlinge, dabei auch aus Versehen mich. Das Foto behielt ich, denn über mir war die Sonne, und an meinem Hals ein grüner Orb ( Heilung/Geist). Da war ich sicher, daß wir auch diese Reise nicht allein machten.
Ich las mein Buch zu Ende, dann gab's Nudeln mit Kochsalami. Wir beobachteten 3 Kinder, die erst harmlos im Fluß spielten, dann begannen sie, die Enten mit Steinen zu bewerfen. Eins der Mädchen schlich mit einem Stein zu den Schmetterlingen. Ich sprang auf, denn wenn ich was hasse, sind es Leute die Tiere quälen. Ich rief: "Lass es!", obwohl sie mich wohl nicht verstand, aber mein Blick konnte in diesem Moment töten. Offensichtlich wirkte es, denn sie ließ den Stein fallen und suchte das Weite. Ich war immer noch sauer...Der Fliegenfischer fing immer wieder Fische, und ließ sie zurück in den Fluß. Das ist mir auch irgendwie unverständlich. Wenn ich Fisch mögen würde, würde ich angeln, um ihn zu essen...Die Enten und Spatzen hatten wieder ihre Ruhe, und dank Thorsten ein leckeres Abendessen...
Edda verstand hingegen nicht, warum sie sich ihr Barf nicht selber fangen durfte, wo doch die Enten so nah waren. Über den Fluß flog ein Schwarzstorch, diesmal allein, denn tagsüber waren sie zu dritt-sicher Flugstunden für den Nachwuchs...Ich war wieder versöhnt.
Die Ranger wünschten uns noch einen schönen Abend. Es war irgendwie traurig, den letzten Abend hier zu verbringen, aber auf uns warteten ja hoffentlich noch jede Menge tolle Orte.
Wir frühstückten, dann ging es weiter Richtung Sarajewo.